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Schlagwort: Gender

Gender & Handel – Herausforderungen angehen

Eine virtuelle Gesprächsrunde für globalen Austausch

Für wirtschaftliche Entwicklung spielt grenzüberschreitender Handel eine wichtige Rolle. Gleichzeitig stehen vor allem weibliche Händlerinnen vor vielen bürokratischen und administrativen Hürden. Um diese Herausforderungen zu adressieren, fand im März 2023 eine virtuelle Gesprächsrunde zum Thema „Fragestellungen rund um Gender im grenzüberschreitenden Handel“ statt. Dafür kamen diverse Expert*innen in einem Panel zusammen. Die Veranstaltung hatte folgende Ziele:

  • Bewusstsein schaffen für die Herausforderungen, denen sich Frauen beim grenzüberschreitenden Handel stellen müssen.
  • Praktische Lösungen diskutieren, um sie in die internationale Entwicklungszusammenarbeit zu integrieren.
  • Die Relevanz von Geschlechtergleichstellung in Abkommen über Handelserleichterungen und in der generellen Handelspolitik hervorheben.

Wieso Handelsabkommen relevant sind, um genderspezifische Ungleichheiten zu beenden

Frau Naa Densua Aryeetey, Vorsitzende vom Sub-Komitee für Handel und Gender des nationalen Komitees für Handelserleichterungen (NTFC) in Ghana, teilte in der Gesprächsrunde ihre Erfahrungen. Sie arbeitet seit über 30 Jahren in den Themenfeldern Klima, Handel und Gender.

Handel ist nichts geschlechtsneutral, er wirkt sich unterschiedlich auf Männer und Frauen aus. Denn ihnen kommen unterschiedliche wirtschaftliche Rollen zu. Frau Aryeetey hob daher die Notwendigkeit hervor, der Chancengleichheit zu schaffen: Unter anderem durch die Gleichstellung der Geschlechter in internationalen Abkommen über Handelserleichterungen. Zudem sei es besonders relevant, Regierungsbehörden, den Privatsektor und die Zivilgesellschaft gleichermaßen einzubeziehen, um die Interessen aller Bürger*innen zu vertreten.

Ghana gründete 2021 mit Unterstützung von Entwicklungspartner*innen das Sub-Komitee zu Handel und Gender, um geschlechtergerechte Handelsabkommen zu fördern. Vor der Gründung wurde auf regionale und nationaler Ebene die Geschlechterverhältnisse im Handelsumfeld analysiert. Die Ergebnisse zeigten, dass nationale Handelsstrategien überwiegend geschlechtsneutral waren und dass Männer in handelsbezogenen Komitees und Organisationen überrepräsentiert wurden. Das Sub-Komitee kooperiert seitdem mit Partner*innen wie der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH. Ziel ist es, die Herausforderungen für Händlerinnen zu adressieren und die Geschlechterperspektive prominent in die Arbeit des ghanaischen NTFC einzubeziehen.

Darüber hinaus betonte Frau Aryeetey, dass das Abkommen der Pan-Afrikanischen Freihandelszone eine solche Perspektive bereits einbezieht. Das Protokoll zu Frauen und Jugend soll die soziale und wirtschaftliche Entwicklung von Frauen auf nachhaltige und inklusive Weise zu fördern. Ergänzend wurden die Empfehlungen der „United Nations Conference on Trade and Development“ (UNCTAD) diskutiert. Für mehr Transparenz und Gleichstellung im Handel schlagen sie vor, Gesetze zur geschlechtsspezifischen Diskriminierung abzuschaffen und spezifische Sub-Komitees einzurichten.

Konkrete Maßnahmen, um Händlerinnen zu fördern

Im zweiten Teil der Veranstaltung erhielten die Teilnehmenden praktische Einblicke in die Arbeit der GIZ im Nexus Handelserleichterung und Gender. Im Rahmen unterschiedlicher Projekte in verschiedenen Ländern haben bereits konkrete Maßnahmen stattgefunden – und weitere werden folgen.

Das Projekt zur Handelserleichterung in Zentralasien hat von der „Zentralasiatischen Vernetzungs- und Führungskonferenz für Frauen im Handel“ berichtet. Die Konferenz bot Regierungsbeamtinnen und Händlerinnen einen geschützten Raum, um offen über Herausforderungen und Chancen im Geschäftsalltag zu sprechen. Das Forum erzielte in der Region große Aufmerksamkeit und es wurden konkrete Empfehlungen formuliert – unter anderem die Notwendigkeit von Bildung und Unterstützung für Frauen, die entlang der Handelskette tätig sind. Die Veranstaltung stoß zudem eine Diskussion über gemeinsame Initiativen mit anderen Ländern an. Hierbei sind insbesondere das Gender-Mainstreaming in Handelsabkommen und die Beseitigung von Geschlechterungleichheiten im informellen Handel von großer Bedeutung.

Das Projekt in Ghana wählte einen ähnlichen Ansatz. In Zusammenarbeit mit dem Handelsministerium und dem Sub-Komitee zu Handel und Gender des NTFC organisierte die Deutsche Allianz für Handelserleichterungen die Veranstaltungsreihe „Frauen im grenzüberschreitenden Handel”. Die vier Veranstaltungen in verschiedenen Regionen des Landes zielten darauf ab, Händlerinnen über erforderliche Unterlagen und Prozesse für den grenzüberschreitenden Handel zu informieren. Erst wenn alle relevanten Informationen über Handelsverfahren für Frauen zugänglich sind, können sie ihr unternehmerisches Potenzial voll ausschöpfen.

Handelshemmnisse überwinden, wirtschaftliches Potenzial erschließen

Nationale und internationale Handelsabkommen spielen eine wichtige Rolle bei der Beseitigung von Handelshemmnissen für Händlerinnen. Darüber hinaus sind Bildung bzw. der Zugang zu relevanten Informationen für Frauen von großer Bedeutung. Die virtuelle Gesprächsrunde zum Thema „Fragestellungen rund um Gender im grenzüberschreitenden Handel“ ist nur eine von vielen Aktivitäten, um Gender-Themen in Handelserleichterungen einzubeziehen. Chancengleichheit für alle Geschlechter ist von großer Bedeutung, um das wirtschaftliche Potenzial eines Landes voll auszuschöpfen,

Die Gesprächsrunde wurde gemeinsam vom Projekt Handelserleichterungen in Zentralasien und der Deutschen Allianz für Handelserleichterungen organisiert. Beide Projekte sind Teil der GIZ.

Ghana: Frauen im grenzüberschreitenden Handel

Eine Veranstaltungsreihe, um Zollprozesse für Händlerinnen zugänglich zu machen

Bisher war die allgemeine Annahme verbreitet, dass Handelspolitik geschlechtsneutral ist – die tatsächlichen Verhältnisse zeigen jedoch ein anderes Bild. Denn unterschiedliche Gender tragen unterschiedliche wirtschaftliche Rollen. Frauen verbringen im Durchschnitt mehr Zeit für unbezahlte Haus- und Pflegearbeit. Die begrenzte zeitliche Verfügbarkeit und der eingeschränkte Zugang zu Bildung und Information sind Hindernisse für Händlerinnen. Frauen werden überproportional wirtschaftlich benachteiligt, wenn der Ungleichstellung nicht mit geeigneten Maßnahmen entgegengewirkt werden.

In Kooperation mit dem Handelsministerium und Sub-Komitee für Handel und Gender des nationalen Komitees für Handelserleichterungen, hat die Deutsche Allianz für Handelserleichterungen vier Sensibilisierungs-Events für Händlerinnen in Ghana durchgeführt. Die Veranstaltungsreihe „Women in Cross-Border Trade“ wurde als gendersensibler Ansatz für Handelserleichterungen initiiert. Relevante Informationen rund um Handelsprozesse sollen die Frauen dazu befähigen, ihr unternehmerisches Potenzial durch Handel auszuschöpfen.

Die Veranstaltungen zielten darauf ab, Händlerinnen die erforderlichen Dokumente für grenzüberschreitenden Handel bewusst zu machen. Es wurden folgende Themen behandelt:

  • Zollverfahren und -prozesse
  • Vereinfachte Ausfuhranmeldung
  • Rechte und Pflichten von Händler*innen
  • Umgang mit Beschwerden der Speditionsunternehmen
  • Das Abkommen über die Pan-Afrikanische Freihandelszone (AfCFTA) und damit verbundene Vorteile

Die Informationen wurden vom ghanaischen Handelsministerium, der Steuerbehörde (Zollabteilung), der Ghana Shippers Authority, und dem Ghana Link Network Services, (Betreiberunternehmen des nationalen Single Window) vermittelt.

Über 350 Frauen nahmen an den Veranstaltungen teil. Dadurch soll sich ihr Zeitaufwand an den Grenzen verkürzen. Die Veranstaltung bot den Frauen eine Plattform, um ihre Bedenken zu Handelshemmnissen und ihre Bedürfnisse zur Weiterbildung zum Ausdruck zu bringen.

„Wir haben eine große Frustration beim Zoll an den Grenzen. Dieses Sensibilisierungs-Event hat uns dabei geholfen, unsere eigenen Rechte zu kennen. Wenn irgendetwas passiert, weiß ich wo ich es melden kann.‘’

Vivian Adogba, Händlerin aus der Region Ho (Originalzitat in Englisch)

„Ich habe gelernt, wie ich die Dokumentation richtig erstelle. Mit der richtigen Dokumentation kann mir am Grenzpunkt niemand etwas anhaben. Ich fühle mich bestärkt.’’


Elorm Tordzi, Händlerin aus der Region Ho (Originalzitat in Englisch)

Nachhaltiger sozialer Wandel benötigt eine politische Grundlage. Die Veranstaltung sollte nicht nur Bewusstsein unter den Händlerinnen verstärken, sondern auch Inputs für das Verhandlungsteam des Handelsministerium sammeln. Das Team wird Ghanas Position in den Verhandlungen der 2. Phase über das Protokoll zu Frauen und Jugend im Rahmen der AfCFTA unterstützen.

„Öffentlich-private Partnerschaften […] – ein einzigartiges Instrument im Handelsbereich“

Original version of this interview is in English.

Die Deutsche Allianz für Handelserleichterungen bündelt die Stärken öffentlicher und privater Partner*innen weltweit, um grenzüberschreitenden Handel schneller und einfacher zu gestalten. Die Grundlage bildet das Abkommen der Welthandelsorganisation (WTO) über Handelserleichterungen (TFA) sowie weitere regionale Handelsabkommen, bspw. die Panafrikanische Freihandelszone. Gemeinsam mit internationalen und lokalen Partner*innen setzt die Deutsche Allianz derzeit rund 20 Projekte in Afrika, Osteuropa, Südostasien, dem Nahen Osten und Lateinamerika um.

Die Deutsche Post DHL Group (DPDHL) ist Mitglied der Deutschen Allianz. In einem Interview mit Frau Wing Xiaoying Huo, Senior Director in der Abteilung GoTrade/Trade Facilitation von DPDHL, sprachen wir unter anderem über die Relevanz von öffentlich-privaten Partnerschaften. Mit ihrem akademischen Hintergrund in Umweltmanagement und Public Policy sowie ihrer beruflichen Laufbahn in der Privatwirtschaft, bringt Frau Huo neue Perspektiven und praktische Erfahrungen in die Entwicklungszusammenarbeit ein.

Frau Huo, wie können öffentlich-private Partnerschaften zu Handelserleichterungen beitragen?

Aus Sicht von DPDHL sind öffentlich-private Partnerschaften ein einzigartiges Instrument im Handelsbereich. Globalen Handel einfacher zu machen ist der Kern unserer Arbeit, unser tägliches Geschäft. Wir arbeiten jeden Tag mit dem Zoll zusammen und sind an allen relevanten Prozessen beteiligt. Die Partnerschaft mit dem öffentlichen Sektor, wie z.B. mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), ermöglicht uns die Wirtschaft und inklusives Wachstum in Partnerländern zu unterstützen. Gleichzeitig sehe ich, dass eine solche Partnerschaft auch für den öffentlichen Sektor relevant ist. Wir haben erlebt, dass öffentliche Partner den Austausch praktischen Know-hows schätzen und dieses Wissen für die Umsetzung und Gestaltung von Projekten nutzen. Wir sind froh darüber, einen Beitrag dazu leisten zu können.

Was kann DPDHL zu diesen Partnerschaften beitragen?

DPDHL hat im Jahr 2020 das globale Programm GoTrade gegründet, welches auf nachhaltigen und inklusiven Handel sowie Wirtschaftswachstum abzielt. Das Programm kombiniert zwei einzigartige Ansätze:

Auf der einen Seite verfügen wir über viel Erfahrung im grenzüberschreitenden Handel und in der Zusammenarbeit mit Grenzbehörden. Wir kennen die unterschiedlichen Prozesse und Vorschriften an Grenzen weltweit. Wir wissen, was gut funktioniert und was nicht. Dieses Fachwissen und die internationalen ‚Best Practices‘ nutzen wir, um die Grenzbehörden bei der Verbesserung von Grenzprozessen zu unterstützen. Das ist eine wichtige Säule unserer Arbeit im GoTrade-Programm.

Auf der anderen Seite schulen wir kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) darin, wie sie vom digitalen Handel profitieren können. Der Aufbau von Kapazitäten für KMUs ist nicht per se Gegenstand des TFA der WTO. Es ist jedoch von Bedeutung, um den Handel für alle zu erleichtern und inklusives Wirtschaftswachstum zu fördern. Wir unterstützen insbesondere kleinere Unternehmen beim Export und in der komplexen Landschaft des globalen Handels und E-Commerce.

Darüber hinaus sensibilisieren wir unser Management, unsere Country Manager, das operative Management und unsere E-Commerce-Manager bei DHL, damit sie das Programm und dessen Potenzial in ihren Ländern und Bereichen bekannt machen können. Derzeit haben wir zusammen mit der GIZ und anderen öffentlichen Partnern über 30 Projekte, die in den verschiedensten Teilen der Welt aktiv sind – mit der Antarktis als Ausnahme natürlich.

Wie sehen solche Projekte aus? Können Sie uns ein Beispiel nennen?

Für uns bei DPDHL begann diese Art des Engagements mit einem Projekt der Deutschen Allianz in Montenegro. Es ging um TFA Artikel 7.1 und 7.4: die Implementierung eines Vorabanmeldungs- und Risikomanagementsystems für Expresssendungen. Die Deutsche Allianz initiierte dieses Projekt durch ihre bestehenden Beziehungen zum öffentlichen Sektor in Montenegro. Wir als DHL konnten unsere Erfahrung im Handel einbringen und zum Projekt beitragen, indem wir die Herausforderungen aus der Perspektive des Privatsektors hervorgehoben haben. Aufbauend darauf konnten wir Empfehlungen für die Prozesse abgeben. Das Projekt war ein großer Erfolg und brachte das DHL GoTrade-Programm hervor. Anschließend wurde der Projektansatz auch in anderen Ländern verfolgt.

Was waren die wichtigsten Erfolge des gemeinsamen Projekts in Montenegro?

Auf der einen Seite profitierte der öffentliche Sektor durch einen enormen Effizienzgewinn, einer vertrauensbasierten Zusammenarbeit mit dem Privatsektor sowie den Erkenntnissen und Best Practices der erfolgreichen Projektumsetzung. Auf der anderen Seite standen die Projektziele in engem Zusammenhang mit den täglichen Aufgaben von DHL und die Projektergebnisse haben sich auch positiv auf unsere Prozesse ausgewirkt. Nach einer breiteren Implementierung des Projekts könnten weitere Auswirkungen auch in anderen Unternehmen in Montenegro sichtbar werden[1].

Können Sie eine Erfolgsformel für öffentlich-private Partnerschaften beschreiben?

Das Prinzip von Partnerschaften ist überall ähnlich: Es geht darum, Vertrauen aufzubauen, die Ziele des anderen zu verstehen und gemeinsame Ziele zu formulieren, sich auf einen Ansatz zu einigen und die Arbeitsweise der anderen Partei in den eigenen Organisationen verständlich zu machen – damit können wir die Stärken des anderen ergänzen und gemeinsam Dinge bewegen.

Wie werden sich öffentlich-private Partnerschaften im Bereich Handelserleichterungen in Zukunft weiterentwickeln?

Es gibt viele Möglichkeiten für mehr öffentlich-private Partnerschaften im Bereich Handelserleichterungen. Meiner Meinung nach sollten diese nicht nur vom öffentlichen Sektor, sondern auch vom privaten Sektor verfolgt werden. Öffentlich-private Partnerschaften sind von entscheidender Bedeutung, um Erfolge im Bereich Handelserleichterungen zu erzielen. Zumal wir durch digitale Instrumente und gemeinsames Vertrauen zunehmend anders arbeiten.

Außerdem gibt es einen Trend zu Multi-Stakeholder-Partnerschaften im Bereich Handelserleichterungen. Das heißt die Zusammenarbeit des öffentlichen Sektors nicht nur mit einem/einer Vertretenden der Privatwirtschaft, sondern mit mehreren . Dieses einzigartige Arbeitskonzept ermöglicht dem Privatsektor, die eigenen Stärken in den Handelserleichterungsprozess einzubringen. Da DPDHL in diesem Bereich tätig ist, freuen wir uns auf die Zusammenarbeit mit weiteren Partner*innen des Privatsektors.

[1] Ein großer Erfolg des Projekts war, dass die Abfertigungszeit von Expresssendungen innerhalb einer Stunde nach Ankunft deutlich reduziert wurde. Der am meisten geteilte und erwähnte Nutzen des Projekts war der Aufbau und die Aufrechterhaltung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit und eines effizienten Datenaustauschs zwischen dem serbischen Zoll und den Expresskurieren (Link zu der Projektbeschreibung).

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